Dorothee V
Meine lieben Töchter, ja Töchter
Wir alle begegnen uns in der Ordnung des ewigen Werdens. Schon nach dem Ent-Binden, dem Los-Binden, lassen wir uns ein-wickeln, verharren ver-wickelt, stets bereit, uns neu zu ent-wickeln, um uns wieder und wieder aufs Neue zu ver-wickeln. Tragen wir Sorge zum goldenen Faden in unserer Hand. Nur so bleiben wir in unserer eigenen Gunst, bleiben lebtags das Kind unserer Kunst.
Werdet Teil meines Weges, lasst euch ein-wickeln, verweilt ver-wickelt und ent-wickelt euch in Liebe und Freude. Vertraut der Ordnung, der Distanz zumbewussten Sein und lasst so das Neue entstehen.
Dich mein lieber Niklaus, spüre ich in deinem Zwang, in deinem Drang, in deinem unbändigen Willen, dem Göttlichen näher zu kommen. Nichts hält uns zurück. Auf, auf zum anderen Sein. Unser Schlüssel liegt fortan in meinem Schosse, den goldenen Faden fest in unserer Hand.
Du Dorothee, du Niklaus, beide steht ihr als Synonym für Selbstwerdung. Ihr seid Ausdruck der Kraft, des inneren Zwangs, des Unausweichlichen, meiner Pflicht letztlich, mich selbst zu erfahren. Die Begegnung mit dir, Dorothee, sie ist letztlich ein Jahrwerk mehr auf meiner Reise zu mir.
Schritt für Schritt darf ich erfahren, dass die Kunst in der Kunst das Erdulden des Ganzen, das Vereinbaren von Kindern, Kunst, Familie, Beziehungen, meinen Spagat zwischen Wesen und Sein bedeutet. Bin ich doch so, stets meiner Künstlerin in mir ausgeliefert, dies auch wenn ich nicht gerade arbeite.
Die Zuversicht, dass das Grosse, das Ganze in mir entstehen mag ist ungebrochen. Ungebrochen auch mein Wille, mich wieder und wieder zu ent-binden aus meinen Ver-Wicklungen, mich zu Ent-Wickeln, um mich so neu entstehen zu lassen.
Wir alle sind Töchter, unsere Töchter, unsere Kinder, unser Vermächtnis und unser Versprechen in die Zukunft. Wir alle sind Kunst um der Kunst Willen. Der Weg hin zu unserer Göttlichkeit eint uns, verpflichtet uns zu Dank und Ehrfurcht gegenüber Dorothee und Niklaus.
Sprecherin: Cordula Windlin / Text: Bruno Müller / Ausführung des Kleides: Maria Abächerli